Achtsamkeit
3. Februar 2021

Achtsamkeit

Achtsamkeit entstammt dem Buddhismus und erfreut sich auch im Westen seit einigen Jahrzehnten einer immer größeren Beliebtheit und Anhängerschaft. Dies beinhaltet auch einen zunehmenden Einsatz von Achtsamkeitspraktiken als Interventionsmöglichkeiten im therapeutischen wie auch präventiven Kontext (Kabat-Zinn; 2007). Die westlichen Erkenntnisse zur Achtsamkeit zeichnen sich durch eine vorher nicht dagewesene Zusammenführung westlicher Wissenschaft und buddhistischer Lehren aus. Eine Vielzahl von Autoren betont die daraus resultierenden Möglichkeiten einer massiven Veränderung der westlichen Kultur und der daraus entspringenden Lebensweisen.

Der Begriff der Achtsamkeit stammt ursprünglich aus der buddhistischen Philosophie. Achtsamkeit ist jedoch nicht buddhistisch orientiert oder konfessionell gebunden, sondern lässt sich mit jeder Philosophie und Lebensweise vereinbaren. Methoden der Achtsamkeit sind auch in christlichen, arabisch-islamischen, anderen ostasiatischen und generell in allen spirituellen Weltkulturen und historischen Strömungen zu finden.

Achtsamkeit ist weniger eine feststehende Methode als vielmehr ein dem Menschen innewohnendes und ausbaufähiges Potenzial. Grossmann (2006, 69) definiert Achtsamkeit (engl. mindfulness) als „Bewusstsein und Aufmerksamkeit gegenüber gegenwärtigen Erfahrungen“. Kabat-Zinn (2007, 145) definiert Achtsamkeit ähnlich als „das Gewahrsein, das in Erscheinung tritt durch die absichtliche Aufmerksamkeit im gegenwärtigen Moment und ohne Wertung der Erfahrung, die sich von Moment zu Moment entfaltet“. Er benennt weitergehend drei grundlegende Eigenschaften von Achtsamkeitspraktiken:

  1. Eine absichtsvolle Aufmerksamkeitslenkung auf Bewusstseinsinhalte im aktuellen Moment.
  2. Die ständige Rückkehr in das Hier und Jetzt/den gegenwärtigen Moment.
  3. Eine nicht-wertende Haltung gegenüber Bewusstseinsinhalten und Erlebnissen im gegenwärtigen Moment, die sich durch Rezeptivität auszeichnet.

Kabat-Zinn (1990, 187) fasst die essenziellen Grundbausteine der Achtsamkeit in nur einem prägnanten Satz noch kompakter zusammen: „Present moment, on purpose and nonjudgemental." Diese Definition beinhaltet

  • eine bewusste Lenkung der Aufmerksamkeit auf Vorgänge/Objekte,
  • den Fokus auf den gegenwärtigen Moment,
  • die Akzeptanz dessen, was in diesem Moment ist („klarer Spiegel“),
  • den teilnehmenden Beobachter, „Disidentifikation“.

Achtsamkeit ist daher immer

  • auf den aktuellen Moment bezogen (vs. Automatismen, Gewohnheitshandlungen und „Autopilot"),
  • absichtsvoll (vs. „Selbstvergessenheit"),
  • nicht-wertend (keine Kategorisierung der eigenen Wahrnehmung).

Es wird unterschieden zwischen formeller (z. B. Atemmeditation, Körpermeditation) und informeller Achtsamkeit (z. B. Achtsamkeit bei alltäglichen Handlungen). Achtsamkeit kann bei regelmäßiger Anwendung massive praktische Vorteile (körperlich, mental, emotional, psychosozial) und Problemlösungen mit sich bringen. Dies gilt sowohl im Sinne der Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens wie auch in der Psychotherapie, Stressprävention und im gesundheitsorientierten Kontext.

Im Gegensatz zu anderen Methoden wird in den meisten Formen von Achtsamkeit keine Tiefenentspannung angestrebt. Hauptziele sind stattdessen maximale Präsenz und Gewahrsein in Bezug auf die eigenen internen Prozesse. Insbesondere das Erkennen interner und externer Ablenkungen und anschließend die sanfte Rückkehr in den gegenwärtigen Moment gelten für erfolgreiche Achtsamkeitspraxis als entscheidend.

Schweift während der Achtsamkeitspraxis die Aufmerksamkeit zu Gedanken, Emotionen oder Körperempfindungen ab (was unweigerlich auch geübten Praktizierenden passiert), wird dies bewusst zur Kenntnis genommen. Anschließend wird, als integraler Teil der Methode, sanft zum Fokus der Achtsamkeitsübung zurückgekehrt.

Wirkungen von Achtsamkeit

Wer Achtsamkeit praktiziert, erwirbt sich mehr innere Ruhe und Gelassenheit und hat eine klarere Sicht der Dinge. Achtsamkeit bewirkt Offenheit und Präsenz für die Gegenwart, was unter anderem auch die Effektivität steigert.

Ein erhöhtes Bewusstsein für die eigenen körperlichen und geistigen Vorgänge bietet neue Chancen zur Verhaltensregulation und Verhaltensänderung. Im Buddhismus geht man sogar davon aus, dass die völlige Befreiung von „Leiden“ (des Lebens) durch Achtsamkeit und die Einsicht in Bewusstseinsvorgänge möglich ist. Dies ist problemlos auch auf Stressfaktoren beziehbar.

Achtsamkeit reduziert maßgeblich die Identifikation mit den eigenen Gedanken und Emotionen, die im Regelfall unterbewusst abläuft. Gefühle und Gedanken werden demzufolge durch eigene Wahrnehmungen geprägt, welche häufig nicht objektiv sind (siehe Kabat-Zinn 2007).

Literaturverzeichnis:

Kabat Zinn, J. (1990): Gesund durch Meditation. Verlag O. W. Barth, München.

Kabat-Zinn, J. (2007): Im Alltag Ruhe finden. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt.

Grossmann (2006, 69)

Bildnachweis: Elly Fairytale (pexels.com)